Samstag, 13. Oktober 2012

Reisen mit Chinesen

Uffz! Eigentlich dachte ich, so ein reiner Reisetag würde nicht wirklich viel Erwähnenswertes hergeben, aber so ein Flug mit Chinesen nach Jiuzhaigou ist doch aufregender als gedacht :)

Wir machen uns früh auf zur U-Bahn (wir entscheiden uns diesmal gegen ein Taxi, aber der Weg mit den schweren Taschen auf dem Rücken ist am Ende ganz schön lang und zäh) und kommen dann ohne Probleme um kurz nach 8 Uhr  am Flughafen an. Dort gibt's ein kleines Frühstück bei Costa Kaffee und zum wiederholten Mal stellen wir fest, das Costa einfach keinen guten Kaffee macht :)
Nach einem ausgiebigen Security-Check (neben Ein- und Ausgang ist das das einzige chinesische Zeichen, das wir inzwischen kennen, weil es einfach überall steht) inkl. Leibesvisitation geht es dann rein in die kleine Air China-Maschine...
Nicht, dass wir in den letzten Tagen viele westliche Touristen gesehen hätten, aber dass wir in der ausgebuchten Maschine die einzigen nicht-Chinesen sind, ist dann doch etwas überraschend. Dafür erleben wir heute die chinesische Flugmentalität in Perfektion.  Beginnend mit der lustigen Reise nach Jerusalem, bzw. Jiuzhaigou... Scheinbar hat es sich bislang noch nicht rumgesprochen, dass in Flugzeugen keine freie Platzwahl herrscht und vielmehr jedem Gast schon vor dem Einsteigen ein eigener Sitzplatz zugeteilt ist, deshalb wird in dem überaus großzügigen 30cm-breiten Gang erstmal kreuz und quer durch gewechselt. Der Herr von Reihe 4F hatte eigentlich ein Ticket für 17B, macht aber dann doch noch einen Versuch auf 11C, um auch von dort wieder von der Dame die eigentlich auf 7D sitzen sollte, vertrieben zu werden... :) Unglaublich, sowas muss man wirklich mal erlebt haben...!!!
Als nach und nach Ruhe und Ordnung einkehren, steht eine Familie in der Reihe schräg vor uns noch vor einem unüberwindbaren Problem: 4 Personen (Oma, Opa, Mama und ihr etwa 5-jähriger Sohn), allerdings nur 2 x 3 Sitzplätze pro Reihe... Die Stewardess wird vertrauensvoll hinzugezogen, aber 4 Personen auf 3 Plätze, nein, das geht selbst in chinesischer Physik nicht auf und so wird schnell klar, dass sich einer aus der Gruppe für die kommenden 2:45 Stunden abspalten muss... Und dann geht es los; während schon jetzt in der eigenen Reihe Oma und Enkel lustiges Sitzplatztauschen im Minutenakkord spielen, arbeiten Mutter und Stewardess diverse Strategien aus, wie man wen, wann, wohin setzen könnte. Das Ende vom Lied: eine Dame von rechts kommt links neben uns und Opa mit den Wattebällchen in den Ohren darf hinter seinen Liebsten Platz nehmen- und Oma und Enkel tauschen immer noch untereinander die Plätze... :)
Wir warten gut 30 Minuten am Rollfeld auf unsere Starterlaubnis und keine 3 Sekunden nachdem der Flieger dann endlich den Boden verlassen hat, tropft es aus dem Gepäckfach vor, bzw. über uns schon feucht-fröhlich herunter. Als das Flugzeug wieder einigermaßen waagerecht fliegt, kann endlich auch die Stewardess zu Hilfe eilen, öffnet die Klappe und ein weiterer kleiner Schwall ergießt sich nach unten. Diesmal bleibt der Herr vor uns verschont und Steffen hat das Vergnügen. Sie entschuldigt sich, bringt Tücher zum trocken wischen und schnell ist auch die Ursache ausgemacht. Irgendjemand hat wohl vergessen seine Trinkflasche (mit der übrigens jeder Chinese zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs ist) zuzumachen. Fluchend und schimpfend versucht sie den Schuldigen ausfindig zu machen, bis sich schließlich, teilnahmslos und keiner Schuld bewusst, die Chaos-Mama aus der Reihe schräg vor uns meldet. Offenbar gehört die Flasche dem Opa, der von dem ganzen Trubel nichts mitbekommen hat, sondern selig mit seinen Wattebällchen im Ohr die Landschaft bestaunt... Während der halbe Flieger mit Trocknungsarbeiten beschäftigt ist (schlauerweise hatten sie ihr gesamtes Handgepäck -bis auf die Flasche, vermutlich macht der Opa sowas öfter- in einem anderen Gepäckfach untergebracht) haben die 4 einen recht entspannten Weiterflug und sind sichtlich stolz, dass ihre Taschen allesamt trocken geblieben sind.
Von ruhig kann bei uns keine Rede sein.  Mir wackelt und rumpelt es deutlich zu viel, aber irgendwann sind auch diese 2 1/2 Stunden vorbei und wir landen trotz zahlreicher Turbulenzen in Jiuzhaigou, wo eigentlich unser Guide schon auf uns warten sollte...
Gepäck, sofort da; 2m weiter der Ausgang, dort allerhand Fahrer und Guides die Schilder mit chinesischen Namen nach oben halten, aber unglücklicherweise niemand, der so aussieht, als würde er auf uns warten. Gedanklich drehe ich unserem Reiseveranstalter in Deutschland schon den Kragen um, als er dann doch 15min später (zusätzlich zu den rund 30minuten, die wir ja in Peking schon auf dem Rollfeld verloren haben) angeschlürft kommt. Keine Begrüßung, keine Entschuldigung, lediglich die trockene Info in einem fast vorwurfsvollem Ton, dass wir zu früh angekommen sind und dieser Flug normalerweise witterungsbedingt mehrere Stunde Verspäätung hat, bzw. von vornherein gecancelt ist. Aaaaahja...
Naja, eigentlich ist es uns egal, immerhin ist er überhaupt da und wir kommen irgendwie in unser Hotel.
In slow motion fahren wir auf perfekt asphaltierten Straßen mit 30-50kmh die rund 90km zum Nationalpark nach Jiuzhaigou Valley. Gurte, bzw. die Möglichkeit sich anzuschnallen, gibt es nicht, weil die wertvollen Ledersitze in China generell lieber mit dicken Bodenteppichen überzogen werden. Deshalb bin ich auch nicht ganz so unglücklich, dass unser Fahrer hier kein Vertreter der typisch chinesisch-offensiven Fahrweise ist ;)

Im Hotel erwartet uns dann eine herbe Enttäuschung... Wir stehen im schäbigsten Zimmer, das mir jemals untergekommen ist, die Wände sind völlig verschimmelt und verfault und ein Gestank, der nicht in Worte zu fassen ist, aber irgendwas zwischen fauligem Kohl, feuchten Wänden und modrigem Keller, trifft es vielleicht noch am ehesten.
Um ca. 18 Uhr erleben wir auf dem Weg ins Ortszentrum gerade noch die Abfahrt massenhaft chinesischer Touristen, die sich den "Luxus" einer Übernachtung nicht gönnen, sondern Anreise, Nationalpark und Abreise sportlich an einem Tag erledigen. Als dann rund eine Stunde später nahezu alle Touristenbusse verschwunden sind, kehrt allmählich Ruhe ein und der Ort gewinnt langsam ein bisschen an Idylle. Wir kaufen ein paar Getränke, bringen unsere Sachen ins miefige Zimmer und gehen dann ins hotelzugehörige Restaurant abendessen.
Hier kommt dann das Lowlight des Tages. In wortloser Unfreundlichkeit werden wir an schäbigen Plastikstühlen mit speckig-dreckigen Tischen geparkt. Kein Mensch interessiert sich für uns und irgendwann beschließen wir, auf eigene Faust in den nächsten Raum umzuziehen, wo die Chinesen an deutlich einladenderen und gedeckten Tischen ihre Speisen serviert kriegen.
Natürlich fallen wir in unserem Alleingang auf wie die bunten Hunde und so werden wir dann doch wieder in die plastikbestuhlte Neonröhrenwartehalle dirigiert.
Getränkewünsche zum Essen kennt man hier scheinbar nicht, so stellt man uns nur kommentarlos  Kartoffelstücke in heißem Wasser, Tomatenscheiben und Spinat in heißem Wasser, Gurkenschale in Streifen mit Fleischstücken in (Achtung!) Brühe, kalten Yakbraten und eine Schüssel Reis vor die Nase. An den Stäbchen klebt gut sichtbar noch das Essen der Vorgänger, aber vielleicht sorgt das ja für ein wenig Würze... :)
Im Nachhinein will ich nicht meckern, das Essen war insgesamt nicht soooo schlecht, wenn auch sehr einfach und billig, aber die Art und Weise wie wir behandelt wurden war wirklich frech.
Nachdem wir das Debakel dann schnellstmöglich hinter uns gebracht haben, verkrümeln wir uns auf unser Stinkezimmer und versuchen gar nicht erst daran zu denken, dass wir schon morgen wieder das Frühstück in derselben Lokalität einnehmen dürfen...

Prost Mahlzeit, Jiuzhaigou und willkommen im UNESCO-Weltkulturerbe!

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